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AKTUELLES

08.03.2008

Der Mann mit den drei Leben

Tilman Krause
Berliner Morgenpost

Eine große Ausstellung im Pei-Bau widmet sich dem Schriftsteller Stefan Zweig

Er ist noch immer der meistgelesene Autor deutscher Sprache des 20. Jahrhunderts. Und der meistübersetzte dazu: Seine Romane, Erzählungen, Biographien und allen voran das sprichwörtlich gewordene Erinnerungsbuch Die Welt von gestern liegen in 56 Sprachen vor. Stefan Zweig, geboren 1881 in Wien, gestorben durch Freitod 1942 in Brasilien, wurde vom Literaturbetrieb seiner eigenen und der späteren Zeit oft ein wenig hämisch und von oben herab behandelt ("der Erwerbszweig"). Doch das tat der Liebe des großen Publikums keinen Abbruch. Noch immer sind sämtliche Werke dieses Autors auf dem deutschen Buchmarkt verfügbar, in den wohlfeilen Taschenbuchausgaben des S. Fischer Verlags.

Ein Schreiber und Sammler

Seit in den letzten Jahren auch die nahezu zahllosen Briefe Zweigs in Auswahl veröffentlicht worden sind, hat sich die Wahrnehmung dieses nie Vergessenen womöglich noch intensiviert. Ängste, Selbstzweifel, Depressionen, Brüche der eigenen Vita hat seine Korrespondenz zu Tage gefördert und unser Bild vom immer freundlichen, immer hilfsbereiten, dazu erfolgsverwöhnten Hans im Glück deutlich differenziert. Insofern tun die Ausstellungsmacher der in ihrem Kern aus Salzburg stammenden, aber jetzt um viele Exponate erweiterten kleinen, wiewohl exquisiten Schau im Pei-Bau des Deutschen Historischen Museums Recht daran, dieselbe mit Die drei Leben des Stefan Zweig zu überschreiben. Sie unterscheiden zwischen dem Wiener Zweig vor dem Ersten Weltkrieg, dem Zweig der Salzburger Zeit (1919-1934) und dem Zweig des Exils, das ihn erst nach England, dann nach Brasilien führte.

Sie stellen aber auch die drei Tätigkeitsfelder dieses Mannes gebührend heraus, die man mit Schreiben, Sammeln, Kontakte pflegen umschreiben könnte. Insofern ist, was es hier zu sehen gibt, deutlich vielfältiger als in einer gewöhnlichen Dichterausstellung. Natürlich fehlen die üblichen Manuskripte, Erstausgaben, Schreibutensilien nicht. Auffälliger sind schon die vielen Fotos, die Zweig mit anderen Größen der Epoche zeigen: Bruno Walter, Arturo Toscanini, Richard Strauss, gehörten ebenso zu seinem Umgang wie Joseph Roth und Siegmund Freund.

Hinreißend komisch in diesem Zusammenhang: der Ausschnitt aus einem Dokumentarfilm zu den Salzburger Festspielen von 1933. Die Schauspielerin Frieda Richard gibt einen "Künstlertee". Zweig hat sich, was selten war, unter die bunte Truppe gemischt, die sich größtenteils um den korpulenten Wagner-Tenor Franz Völker gruppiert, der soeben mit Mozartkugeln gefüttert wird. Die Kamera kann gerade noch den Abschied des offenbar etwas degoutierten Zweigs erhaschen. Flötend versichert die aufgekratzte Hausherrin ihrem berühmten Gast, es sei ihr das "allergrößte Vergnügen" gewesen, ihn bei sich gehabt zu haben. Er, ohne ein Wort zu sagen, die brennende Zigarre in der Hand, ist gerade noch imstande, der Beglückten einen Handkuss zu applizieren - und entschwindet.

Wertvolle Handschriften

Vielleicht zog es den Feingeist nach so viel ungeniertem Jubel-Trubel doch mehr zu den teuren Toten. Deren Hinterlassenschaften bildeten einen nicht geringen Teil der Ausstattung seines Heims oberhalb von Salzburg. Da stand der letzte Schreibtisch Ludwig van Beethovens, an der Wand hing die Schreibfeder Goethes. Hinzu kamen 1000 Handschriften, von denen, was die eigentliche Sensation dieser Ausstellung bedeutet, viele hier zum ersten Mal, seit Zweig sie verkaufen musste, wieder zueinanderfinden.

Es ist kaum glaublich, dass einem Privatmann möglich war, solche Schätze anzuhäufen, von denen diese Schau naturgemäß nur einen kleinen Teil zeigen kann. Aber da liegen tatsächlich die Originalpartitur von Haydns Hymne Gott erhalte Franz den Kaiser und Hoffmann von Fallerslebens Deutschlandlied nebeneinander. Letzteres war übrigens nur kurz in Zweigs Besitz: "Ich will dieses nationalistische Lied nicht bei mir haben."

Da liegen auch Goethes Mailied und Ludwig Uhlands Ich hatt' einen Kameraden, Mozarts Veilchen und Schuberts An die Musik. Da liegen Auszüge aus Heines Deutschland, ein Wintermärchen, Kafkas Amerika-Fragment, Thomas Manns Die Hungernden - alles in Autographen! Inzwischen befinden sie sich überwiegend in der Sammlung Bodmeriana in Coligny bei Genf, wo man sich freundlicherweise für einige Zeit von ihnen getrennt hat.
Stefan Zweig, der anspruchsvolle Connaisseur und einfühlsame Seelenkenner, der Liebhaber großer Dichtung und Musik, der Leser und Förderer auch der allerneuesten Literatur: Er wird im Pei-Bau so anschaulich, in seinen Facetten so erlebbar, wie das nur selten in einem Museum geschieht.

Deutsches Historisches Museum
Ausstellungshalle von I.M. Pei, Hinter dem Gießhaus 3, Mitte. Tel.:2030 4444. Heute bis 12. Mai, Mo-So 10-18 Uhr.